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Donnerstag, Juli 02, 2009

Herzberg


Vögel zwitschern, die Sonne scheint. Der Schweiß rinnt mir von den Augenbrauen die Schläfen hinab. Auf meinem Handrücken pulsieren die Adern, sie treten deutlich aus meinem ausgezehrten Körper hervor. Die Armbanduhr schneidet ins Fleisch. Meine letzte Zigarette habe ich gerade bis zum Filter runter geraucht. Leere ist der allgemeine, sowie in meinem Geldbeutel konkrete, Zustand. Hier gibt es keine Sparkasse, nur Snackautomaten. Punker mit ironischen ISAF Aufnähern auf dem Rücken, und rüstige falsche fuffziger die das Wetter genießen, in der sonne sitzen und Lesen. Mich trifft keine Schuld. Ja, ich habe mich verspätet. Jetzt muss ich auf dich warten, noch eine Stunde.

Ich hätte nicht übel Lust dem Fetten Punker mit SLIME Shört, einen Stein aus dem Gleisbett gegen den Kopf zu schlagen, ihm meinen dilletantischen Faustkeil bis ins Sehzentrum zu treiben, nur, um ihm seine Plastikflasche mit kühlem Multivitaminsaft zu entreißen, und sie dann hastig in einem Zug leer zu trinken. In diesem Kaff rauchen sie noch nicht mal. Gehörlose Asylantekids unterhalten sich in ihrer Gebärdensprache. Könnten die nicht wenigstens irgendwelche Laute von sich geben, diese schreckliche Idylle kaputtschlagen. Du lässt ganz schön lange auf dich warten, mein lieber, Regionalexpress nach Northeim (Han).

Am Ort meiner Träume angekommen, lasse ich die Karte Umschreiben, und entdecke einen Bahnhofsladen mit passablen Zeitschriftensortiment und Nahrungsmittelimitaten. Nach ewiger suche finde ich das Magazin für Elektronische Lebensaspekte und Selbstbeherrschung. Selbstbeherrschung. Hier kann ich mit Karte Zahlen, d.h. Ich staple zwei Flaschen Wasser einen Kokos-Fettglasurriegel mit Schokoladengeschmack und Erdnusspartikeln plus die Illustrierte auf die Pleksiglasgeldablage an der Kasse, ordere keck noch ne Schachtel HB und überlege welches der arg ledierten, belegten, Brötchen ich nun in meinen, mittlerweile auf Faustgröße geschrumpften, Magen werfen möchte.

Leider ist die Zeitschrift nicht ausgepreist. Sie kann mir nicht verkauft werden. „Die wird hier nicht so oft gekauft“. Auch eine Telefonrecherche vermag es nicht die Höhe meiner geplanten Investition in Erfahrung zu bringen. Ich gebe mich geschlagen. Ordere das verkümmerte Salamibrötchen dessen Scheiben genauso wie ich schon den ganzen Tag vor sich hin zu schwitzen scheinen. Mittlerweile ist mir sowiso alles egal, die Jogginghose hangt mir unterm Arsch, ich Pfurze über Zimmerlautstärke, bohre ungeniert ungeniert, und gebe mir keinerlei mühe mehr mein versifftes Unterhemd unter der Joggingjacke zu verbergen, ich stinke wie ein Iltis. Meine Würde habe ich bereits in Herzberg verloren, als ich bettelnd umherzog um eine Zigarette zu erhaschen.

Freundlicherweise wird mir das Brötchen mit dem Zusatz, „das geb’ ich ihnen für lau“ eingepackt. Ich trotte zum Gleis trinke eine der Flaschen Wasser auf ex. Verschlinge erst Brötchen, nicht ohne vorher die Eierscheibe zu entfernen, dann Riegel und gönne mir eine Filterzigarette. Jetzt muss ich nur noch Kacken.

2 Kommentare:

FalafelYouth6231 hat gesagt…

"Meine Würde habe ich bereits in Herzberg verloren, als ich bettelnd umherzog, um eine Zigarette zu erhaschen" - grandios miesepetriger Satz, der einen glänzenden Romananfang abgäbe. (Ich wollte "Der Winter unseres Missvergnügens" von Heym immer allein deshalb mal lesen, weil der Titel so schön grantig klingt.)

Anonym hat gesagt…

eeier sind geil j mann